· 

Dunning-Kruger-Effekt: 4 Phasen der Selbstüberschätzung

Viele kennen "ein Problem zu erkennen ist der 1. Schritt zur Lösung". Aber genauso verhält es sich beim Wissen. Die Erkenntnis, was man alles nicht weiß, fällt leider oft nur zu schwer. Das ist aber, mit der Bereitschaft Neues zu lernen, die Grundvoraussetzung um sich zu verbessern 🙂.

 

Hierzu ein gut geschriebener Text der Reitschule Birkenreuth aus Facebook:

https://www.facebook.com/247483452113934/photos/a.247506268778319/1400785823450352/

Sehr interessante Erklärung für ein Phänomen, dass man häufig (auch im Reitsport) beobachten kann. Insbesondere die Kompetenzstufen bzw Lernphasen dürften vielen ein Aha💡 entlocken😂.
(Quelle: Karrierebibel, Autor: Jochen Mai)

Dunning-Kruger-Effekt: 4 Phasen der Selbstüberschätzung

Es war gerade 1999, als die US-Psychologen David Dunning und Justin Kruger ein paar interessante Experimente initiierten. Sie wollten testen, wie Studenten der Cornell Universität ihre geistigen Fähigkeiten einschätzten – etwa im Bereich logisches Denken oder Grammatik. Dunning und Kruger ließen die Teilnehmer dazu verschiedene Tests durchlaufen. Das Ergebnis war stets dasselbe: Diejenigen, die besonders schlecht abgeschnitten hatten, schätzten ihren Lernerfolg und sich selbst viel besser ein. Besonders intelligente Studenten hingegen unterschätzten ihre Leistungen
regelmäßig und sahen sich selbst auf einer niedrigeren Position als jene, die sie tatsächlich erreichten…

Die beiden Wissenschaftler David Dunning und Justin Kruger formulierten daraufhin einen vierstufigen Effekt, der seitdem ihren Namen trägt: den Dunning-Kruger-Effekt.

Es läuft darauf hinaus, dass…

inkompetente Menschen regelmäßig ihr eigenes Können überschätzen (Stufe 1),

gleichzeitig aber nicht in der Lage sind, das Ausmaß ihrer eigenen Inkompetenz zu erkennen (Stufe 2),

weshalb sie ihre Kompetenz nicht steigern können (Stufe 3) und

die überlegenen Fähigkeiten von anderen immer wieder unterschätzen (Stufe 4).

Zugegeben, das klingt ein wenig nach Populärwissenschaft, die es auch ist, weshalb die beiden Psychologen für ihre Entdeckung seinerzeit auch nur die satirische Auszeichnung des Ig-Nobelpreises erhielten.

Dennoch kommt man nicht umhin, zuzugeben, dass das beschriebene Phänomen (leider) ebenso populär verbreitet ist. Ganz oft bilden Inkompetenz und Ignoranz ein siamesisches Zwillingspaar, das jeden Anflug von Kritik und (Selbst-)Erkenntnis im Keim erstickt.

Es gibt klassische Beispiele für den Dunning-Kruger-Effekt:

Das Gros der Autofahrer glaubt, deutlich besser zu fahren als der Durchschnitt.

Die meisten Fußballfans halten sich für taktisch klüger und kompetenter als die verantwortlichen Trainer und Manager ihrer Lieblingsmannschaft.

Zahlreiche Wähler sind davon überzeugt, dass sie besser wissen, was für ihr Land das Richtige ist und dass sie das Land besser regieren könnten als die aktuelle Regierung.

Eine nicht zu unterschätzende Zahl der Facebook-Nutzer ist nicht in der Lage, zwischen Meinung und Wahrheit zu differenzieren. Oder anders formuliert: Sie sind davon überzeugt, dass alles, was sie meinen oder kritisieren, damit automatisch wahr und richtig ist.

Kurz: Halbwissen und Unkenntnis vermitteln den Betroffenen oft mehr Selbstsicherheit als wahres Wissen den Experten.

Eines der Kernprobleme der Kommunikation ist natürlich auch, dass Menschen etwas ganz anderes hören, sehen oder verstehen als tatsächlich gesagt wurde.

Dahinter stecken zum Teil zementierte Weltbilder oder das Problem der selektiven Wahrnehmung. Es ist aber gerade diese Tendenz des Dunning-Kruger-Effekts, die eigenen Defizite nicht zu erkennen, die dafür sorgt, dass manche Menschen sich nicht weiterentwickeln und nichts lernen (wollen).

Das lässt sich zum Beispiel gut an dem sogenannten Dreyfuss-Modell aus dem Jahr 1989 illustrieren. Danach gibt es fünf Stufen der Kompetenzentwicklung:

Anfänger
Fortgeschrittener
Kompetenter
Versierter
Experte

Tatsächlich aber glauben viele Fortgeschrittene schon mit dem Erwerb neuer Erkenntnisse (oder mit etwas Halbwissen) die Stufe des Kompetenten oder gar Experten erklommen zu haben.

In der Psychologie wiederum spricht man in dem Zusammenhang auch von sogenannten Kompetenzstufen, die wir alle durchlaufen müssen, um zu wachsen beziehungsweise um den (stetigen) Wandel von Inkompetenz zu Kompetenz zu vollziehen. Man könnte auch sagen, es sind die vier typischen Phasen des Lernens:

Unbewusste Inkompetenz:
Wir lernen alles in Etappen. Doch dazu müssen wir überhaupt erst wissen, dass wir nichts wissen. Oder erkennen, dass wir zu wenig wissen – und entsprechend dazu lernen müssen. Diese Phase der unbewussten Inkompetenz ist zwar noch nicht das eigentliche Lernen – sie geht ihm aber immer voraus. Manche verharren allerdings auch dort.

Bewusste Inkompetenz:
Die zweite Phase ist eigentlich die wichtigste: Wir erkennen unsere Defizite, verstehen aber auch, wie wir diese ausgleichen können. Erst so können wir gezielt an ihnen arbeiten und eben dazu lernen. Auch hier wird allerdings noch nicht gelernt. Die Weiterentwicklung findet (hoffentlich) erst in der nächsten Phase statt.

Bewusste Kompetenz:
Wir beginnen zu lernen und sehen gleichzeitig erste Lernerfolge. Wir begreifen bewusst den Wandel von der Inkompetenz zur Kompetenz. Ein gutes Gefühl, das allerdings noch mit einigen Anstrengungen verbunden ist: Wir müssen pauken, büffeln, auswendig lernen, trainieren. Immer wieder. Erst die letzte Phase bringt den eigentlichen Triumph.

Unbewusste Kompetenz:
Endlich haben wir so viele praktische Erfahrung mit den neuen Fähigkeiten gesammelt, dass sie uns in Fleisch und Blut übergehen sind und jederzeit abgerufen werden können. Und das, ohne uns großartig darauf konzentrieren zu müssen. Wir sind unbewusst kompetent. Allerdings birgt diese Phase die Gefahr, arrogant zu werden: Was uns jetzt kinderleicht von der Hand geht, ist für andere noch eine Herausforderung (derer sie sich vielleicht nicht einmal bewusst sind – falls sie noch in Phase 1 stecken).